Stalking – persönliche Erfahrung

Ich habe eben im TV eine Sendung über Stalking gesehen, die letzten Sequenzen sagten aus, wer gestalkt wird, benimmt sich wie ein Opfer und wird dadurch zum Opfer.

Das stimmt so nicht!

Ich war noch nie ein Opfer, ich habe früh gelernt, meine Kämpfe im Leben zu kämpfen und wer mich kennt, weiß, ich bin gewiss niemand der Angst vor Anderen hat.

Und trotzdem war ich das Ziel eines Stalkers, über zwei Jahre meines Lebens hat mich dieses Schwein mehrfach täglich terrorisiert und meine Anstrengungen, mich ihm und seinen Possen zu entziehen, haben ihn immer wütender gemacht.

Es fing mit Anrufen an, als ich dann nicht mehr ans Telefon ging, bestellte er alle möglichen Dinge, die geliefert werden sollten.

Das Ganze war in den Achtzigern, es gab noch nicht einmal das Wort Stalking, ich erstattete Anzeige und verwies Firmen, die liefern wollten, was er in meinem Namen bestellt hatte, nur noch mit der Anzeigennummer an die Polizei (Was übrigens viel leichter klingt, als es war).

Es gipfelte in Polizei- und Feuerwehreinsätzelten, einmal kam ich dazu, wie sie mir die Tür einschlagen wollten. Bei Gasalarm wird nicht geklingelt.

Der Täter war jemand aus meinem weiteren Bekanntenkreis. Manche werden jetzt denken, so wie ich auf meinen dunklen Pages, Büchern und Audios handle und auftrete, kein Wunder, dass mich jemand verfolgt. Oder auch, kein Wunder, dass sie Männer hasst. Aber ernsthaft, ich hasse Männer nicht und ich war schon immer dominant.

Der Running Gag daran ist, zu dem Typen war ich freundlich gewesen, er hatte mich zusammen mit anderen Bekannten zum Geburtstag eingeladen, ins Kino. Die Anderen haben an dem Tag abgesagt und ich war dumm genug, mit ihm ins Kino zu gehen, eigentlich aus Mitleid. Diese Freundlichkeit hat er mir mit Terror gedankt, weil er da hinein interpretiert hat, wir hätten eine Beziehung, absolut an den Haaren herbei gezogen! Ich habe ihn damals darauf hingewiesen und dachte, damit wäre das Ganze erledigt, doch es war nur der Anfang.

Jedenfalls, immer wenn ich mich nicht terrorisieren ließ, ging es eine Stufe weiter. Das Übelste daran war für mich persönlich, dass ich später feststellte, er hatte schon vor dem Kinoabend meine Ersatzschlüssel entwendet gehabt, was mir erst auffiel, als sie wieder auftauchten, und auch da dachte ich mir nichts bei, da ich Logierbesuch hatte.

Jedenfalls fehlten auch Dinge aus meiner Wohnung, dieser Mann hat sich tagsüber wenn ich arbeiten war oder an Abenden wo ich Musik machen war, frei in meiner Privatsphäre bewegt.

Doch, ich hatte wohl nicht genug Angst, denn ich habe mich immer wieder gewehrt, Trillerpfeife ins Telefon, usw., also kam es zum Showdown.

Am 02.02.1987 hat er meine Wohnung angesteckt, während ich im Büro war, er hat meine drei Katzen im Wohnzimmer eingesperrt, die dann elendig erstickt sind.

Dieser Tag hat mein Leben verändert.

Ich habe nie wieder auf eine Türklingel reagiert, wenn ich nicht wusste, wer kommt, ich habe nie wieder einen Anruf angenommen, wenn ich nicht wusste, wer am anderen Ende ist (bei 0900 ist es anders, weil nachvollziehbar, man ist selbst auch anonym). Ich war über 10 Jahre bei der Meldestelle gesperrt, weil das Schwein beim öffentlichen Dienst war und sonst meine neue Adresse hätte herausfinden können (natürlich bin ich danach umgezogen). Und Ihr könnt glauben, es kommt auch sonst immer wieder zu Situationen, wo das alles wieder hochblubbert.

Vor ein paar Wochen habe ich erfahren, er ist 1999 verstorben, vor 10 Jahren. Doch die Freude blieb aus, ich habe wirklich darauf gewartet, Freude zu empfinden, aber es kam nicht.

Ich habe mein Leben wieder unter Kontrolle, natürlich, es ist nie wieder so unbeschwert, wie es vorher war, aber ich habe Wege gefunden, damit zu leben. Ich bin nicht sein Opfer, weil ich gelernt habe, mit dem, was ich erlebt habe, zu leben.

Ich bin am Leben, er nicht!

Das weiß ich jeden Tag und das ist es was mich froh macht, er ist nicht mehr, als eine Leiche, ein stinkender Kadaver, und das seit vielen Jahren, Jahre, die ich gelebt habe.

Wenn es Jemanden von Euch so geht, wenn Ihr Stalker habt, wehrt Euch, egal, ob es dadurch schlimmer wird! Ihr müsst das tun, so seid Ihr Gegner, nicht Opfer.

Hätte ich damals nicht alles getan, könnte ich mir das heute nie verzeihen!

Und noch eins, Stalking ist etwas, was mehr wird, nehmt es von Anfang an ernst, nehmt es ernst, wenn es beginnt. Ich denke, das war damals mein einziger Fehler, ich habe es viel zu lange nicht ernst genommen!

So, mein nahes Umfeld, weiß, was ich hier geschrieben habe, doch so „öffentlich“ habe ich noch nie davon erzählt. Fühlt sich merkwürdig an.. aber es ist richtig.

Denke an meine Worte, falls Du jemand bist, der gestalkt wird, Stalking darf Dich nicht zum Opfer machen, sei Gegner des Schweines, dass Dich terrorisiert, nur dadurch dass ich das war, habe ich das Ganze überstanden!